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GEWERBE OHNE MEISTER:
Selbstständig machen ohne Meister – ist das möglich?
Für viele Handwerker ist die Selbstständigkeit ein großer Traum. Sie verspricht Unabhängigkeit und bessere Verdienstmöglichkeiten. Jedoch gibt es auf dem Weg dahin einige Hürden, unter anderem den Erwerb eines Meisterbriefes. Aber ist der Meisterbrief wirklich immer notwendig oder gibt es alternative Optionen, wie Sie als Handwerker selbstständig ohne Meister sein können?
Hier erfahren Sie, welche Möglichkeiten es gibt, sich selbstständig zu machen ohne Meister. Tatsächlich existieren in der Praxis gleich mehrere Varianten, wie es möglich ist, sich ohne eigenen Meisterbrief den Traum von der Selbstständigkeit zu erfüllen.

MEISTER ANERKENNUNG OHNE PRÜFUNG:
1. Altgesellenregelung gleich Meister
Eine Option, wie Sie als erfahrener Handwerker ein Gewerbe ohne Meister haben können, ist die Altgesellenregelung. In § 7b der Handwerksordnung sind die Vorgaben für diese Regelung festgelegt. Nach dem Gesetz erhalten Handwerker eine Ausübungsberechtigung für zulassungspflichtige Gewerke, wenn ausreichend praktische Berufserfahrung vorhanden und nachweisbar ist. Dies gilt als Alternative zur Meisterprüfung.
Sie müssen einige Voraussetzungen erfüllen, um den Antrag stellen zu können:
- vorhandener Gesellenbrief
- mindestens sechs Jahre praktische Erfahrung im Beruf
- davon vier Jahre in leitender Tätigkeit
Zuständig für die Anerkennung der Berufserfahrung sind die Handwerkskammern. Den Nachweis müssen Sie über Arbeitszeugnisse, Stellenbeschreibungen und ähnliche geeignete Dokumente gegenüber der Handwerkskammer erbringen. Die Kosten orientieren sich am Verwaltungsaufwand.
Die Antragsstellung ist in einem Großteil der zulassungspflichtigen Handwerke wie beispielsweise Dachdecker, Zimmerer oder im Installations- und Heizungsbau möglich. Ausgeschlossen sind hingegen z. B. Schornsteinfeger, Zahntechniker, Hörgeräteakustiker, Augenoptiker, Orthopädietechniker und Orthopädieschuhmacher.

SELBSTSTÄNDIG OHNE MEISTER:
2. Eingeschränkte Handwerkstätigkeiten
Eine Möglichkeit, sich in einem zulassungspflichtigen Gewerk selbstständig zu machen, ist die Beschränkung der Tätigkeit auf bestimmte Bereiche.
Ein gutes Beispiel hierfür sind Arbeiten im Bereich der Elektroinstallationen. Für bestimmte Arbeiten benötigen Sie zwingend eine Berechtigung in Form eines Meisterscheins. Grundsätzlich ist der Elektriker ein zulassungspflichtiges Gewerk. Jedoch legt die Gewerbeordnung nur bestimmte Teilbereiche fest, für die eine solche Berechtigung erforderlich ist. Hierzu zählen:
- Installationen im Bereich der Stromanlagen
- Montage von Anlagen für den Blitzschutz
- Montage von Alarmanlagen
- Einbau von Brandmeldeeinrichtungen
Ab einer Spannung von 42 Volt wird von elektrische Stromanlagen gesprochen. Beschränken Sie sich also auf Arbeiten in einem niedrigeren Spannungsbereich, können Sie einen Elektroinstallationsbetrieb ohne Meister gründen.
Diese Ausnahme greift ebenfalls bei Nebentätigkeiten, die neben dem Schwerpunkt des Unternehmens nur eine untergeordnete Rolle einnehmen. Als Garten- und Landschaftsbauer dürfen Sie so Beleuchtungen im Außenbereich als Nebentätigkeit installieren, obwohl dies grundsätzlich in den Aufgabenbereich eines Elektroinstallateurs gehört. Wichtig ist, dass die Unerheblichkeitsgrenze nicht überschritten wird. Diese Grenze ist nicht exakt definiert. Die zulassungspflichtige Tätigkeit darf aber nicht zur Regelmäßigkeit werden oder einen großen Teil der Geschäftstätigkeit einnehmen.

SELBSTSTÄNDIG MACHEN OHNE MEISTER:
3. Zulassungsfreie Gewerke
Die Handwerksordnung Anlage B führt alle Gewerke und handwerksähnlichen Gewerbe auf, für die ein Meisterbrief nicht verpflichtend ist. In allen diesen Gewerken können Sie eine Firma gründen ohne Meister. Die Bezeichnung „Meisterbetrieb“ dürfen Sie in diesem Fall jedoch nicht verwenden, dies ist Handwerksbetrieben mit einem Meister vorbehalten.
Die folgende Tabelle zeigt, in welchen Berufen Sie sich ohne Meister selbstständig machen können:
Zulassungsfreie Handwerke – Anlage B1 | Handwerksähnliche Gewerbe – Anlage B2 |
---|---|
Bogenmacher | Appreteure, Dekateure |
Brauer und Mälzer | Asphaltierer (ohne Straßenbau) |
Buchbinder | Ausführung einfacher Schuhreparaturen |
Edelsteinschleifer und -graveure | Bautentrocknungsgewerbe |
Feinoptiker | Betonbohrer und -schneider |
Fotografen | Bodenleger |
Galvaniseure | Bürsten- und Pinselmacher |
Geigenbauer | Bügelanstalten für Herren-Oberbekleidung |
Gebäudereiniger | Daubenhauer |
Glas- und Porzellanmaler | Dekorationsnäher (ohne Schaufensterdekoration) |
Gold- und Silberschmiede | Eisenflechter |
Handzuginstrumentenmacher | Einbau von genormten Baufertigteilen (z.B. Fenster, Türen, Zargen, Regale) |
Holz- und Bautenschützer (Mauerschutz und Holzimprägnierung in Gebäuden) | Fuger (im Hochbau) |
Holzbildhauer | Fahrzeugverwerter |
Holzblasinstrumentenmacher | Fleckteppichhersteller |
Klavier- und Cembalobauer | Fleischzerleger, Ausbeiner |
Kosmetiker | Gerber |
Korb- und Flechtwerkgestalter | Getränkeleitungsreiniger |
Kürschner | Handschuhmacher |
Maßschneider | Holz-Leitermacher (Sonderanfertigung) |
Metall- und Glockengießer | Holzblockmacher |
Metallbildner | Holzreifenmacher |
Metallblasinstrumentenmacher | Holzschindelmacher |
Modellbauer | Innerei-Fleischer (Kuttler) |
Modisten | Kabelverleger im Hochbau (ohne Anschlussarbeiten) |
Müller | Klavierstimmer |
Präzisionswerkzeugmechaniker | Kunststopfer |
Print- und Medientechnologen (Drucker, Siebdrucker, Flexografen) | Lampenschirmhersteller (Sonderanfertigung) |
Sattler und Feintäschner | Metallschleifer und Metallpolierer |
Segelmacher | Metallsägen-Schärfer |
Schuhmacher | Maskenbildner |
Textilgestalter (Sticker, Weber, Klöppler, Posamentierer, Stricker) | Muldenhauer |
Textilreiniger | Plisseebrenner |
Uhrmacher | Rammgewerbe (Einrammen von Pfählen im Wasserbau) |
Vergolder | Requisiteure |
Wachszieher | Rohr- und Kanalreiniger |
Weinküfer | Schirmmacher |
| Schlagzeugmacher |
| Schnellreiniger |
| Speiseeishersteller (mit Vertrieb von Speiseeis mit üblichem Zubehör) |
| Steindrucker |
| Stoffmaler |
| Tankschutzbetriebe (Korrosionsschutz von Öltanks für Feuerungsanlagen ohne chemische Verfahren) |
| Theater- und Ausstattungsmaler |
| Theaterkostümnäher |
| Theaterplastiker |
| Textil-Handdrucker |
| Teppichreiniger |
Obwohl kein Meisterbrief oder besondere Qualifikationsnachweise erforderlich sind, muss das Gewerbe bei der zuständigen Handwerkskammer registriert werden. Der Betrieb wird in das "Verzeichnis der Inhaber eines Betriebes eines zulassungsfreien Handwerks oder eines handwerksähnlichen Gewerbes" eingetragen. Nach der Eintragung bei der Handwerkskammer muss das Gewerbe beim Gewerbeamt des geplanten Betriebssitzes angemeldet werden. Nach Bearbeitung des Anmeldeformulars erhält der Betrieb den Gewerbeschein.

HANDWERKSKAMMER BEFREIUNG ANTRAG:
4. Anerkennung europäischer Ausbildungsnachweise
Vielleicht haben Sie eine Zeit lang im Ausland gelebt und im Handwerk gearbeitet? Wer auf diesem Weg eine Qualifikation erworben hat, die mit dem Meisterbrief gleichgestellt ist, kann diese in Deutschland anerkennen lassen. So gibt es auch in Österreich eine Meisterprüfung und Belgien besitzt einen vergleichbaren Meisterbrief.
§ 9 Absatz 1 der Handwerksordnung (HwO) ermöglicht es Staatsangehörigen der Europäischen Union (EU), des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) oder der Schweiz, eine Ausnahmebewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle zu erhalten.
Eine solche Anerkennung der Ausbildung erfolgt per schriftlichem Antrag an die zuständige Handwerkskammer am eigenen Wohnsitz. Je nach individueller Situation sind unterschiedliche Nachweise nötig:
- Berufserfahrung: Nach § 2 der EU/EWR-Handwerks-Verordnung kann eine Ausnahmebewilligung erteilt werden, wenn der Antragsteller bestimmte Zeiträume der selbstständigen Tätigkeit oder leitenden Funktion im entsprechenden Handwerk nachweist. Beispielsweise sind mindestens sechs Jahre ununterbrochene selbstständige Tätigkeit erforderlich, sofern diese nicht länger als zehn Jahre zurückliegt.
- Berufliche Qualifikation: Alternativ kann eine formale Ausbildung oder ein Befähigungsnachweis aus dem Herkunftsland vorgelegt werden, der mit der deutschen Meisterprüfung vergleichbar ist.
Erforderliche Unterlagen: Dem Antrag sollten folgende Dokumente beiliegen:
- Tabellarischer Lebenslauf
- Beglaubigte Kopien von Ausbildungs- und Befähigungsnachweisen
- Arbeitszeugnisse oder Bestätigungen über die ausgeübte Tätigkeit
- EU-Bescheinigung (99/42) von der zuständigen Stelle im Herkunftsland gemäß Amtsblatt EG Nr. C 81/8 vom 13.07.1974 zum Nachweis der selbstständigen Tätigkeit
- Nachweises der Staatsangehörigkeit: Beglaubigte Kopie des Personalausweises oder des Reisepasses
Da es sich um individuelle Anträge handelt, kann es sein, dass die Handwerkskammer noch weitere Unterlagen anfordert.
Diese Unterlagen reichen Sie zusammen mit dem ausgefüllten Antrag ein. Das Formular ist bei den Handwerkskammern und den Landesbehörden der Wirtschaftsministerien sowie in digitaler Form als Download verfügbar.
Die Handwerkskammer prüft die eingereichten Unterlagen und entscheidet über die Erteilung der Ausnahmebewilligung. Dabei wird bewertet, ob die nachgewiesene Berufserfahrung oder Qualifikation den Anforderungen entspricht. Die Kosten für diesen Antrag bewegen sich zwischen 50 und 1.000 Euro. Die genaue Höhe hängt vom Verwaltungsaufwand ab.
Ausgenommene Gewerke:
Laut § 9 Abs. 1 HwO in Verbindung mit der EU/EWR-Handwerksverordnung sind folgende Gewerke nicht durch die erleichterte Anerkennung zugänglich:
- Augenoptiker
- Hörakustiker
- Orthopädietechniker
- Orthopädieschuhmacher
- Zahntechniker
Grund für die Ausnahme ist, dass diese Handwerke im direkten Zusammenhang mit der Gesundheit und Sicherheit von Menschen stehen. So soll sichergestellt werden, dass nur hochqualifizierte Fachkräfte diese Berufe ausüben.
Entspricht die Qualifikation aus dem Ausland zwar keinem Meisterabschluss, aber zumindest dem deutschen Gesellenbrief, ist trotzdem der Weg für eine Selbstständigkeit ohne Meister geebnet: Über die Altgesellenregelung kann mit entsprechender mehrjähriger Berufserfahrung die Ausnahmegenehmigung für die Betriebsgründung ohne Meister erteilt werden.

SELBSTSTÄNDIG MACHEN IM HANDWERK:
5. Einen eigenen Handwerksbetrieb mit einem angestellten Meister gründen
Eine interessante Option, einen Betrieb oder Meisterbrief zu gründen, ist die Anstellung eines Meisters. So umgehen Sie die Pflicht auch in den Gewerken, in denen ein Meister für eine selbstständige Tätigkeit vorgeschrieben ist.
Im Normalfall ist es für Gewerke der Anlage A der Handwerksordnung zwingend notwendig, einen Meisterbrief zu besitzen. Stellen Sie jedoch einen Meister als technischen Betriebsleiter ein, gelingt die Gründung auch ohne eigenen Meisterbrief. Zu den Gewerken der Handwerksordnung in der Anlage A gehören Folgende:
Augenoptiker | Glasbläser und Glasapparatebauer | Orthopädieschuhmacher |
Bäcker | Glasveredler | Orthopädietechniker |
Behälter und Apparatebauer | Glaser | Parkettleger |
Böttcher | Gerüstbauer | Raumausstatter |
Brunnenbauer | Informationstechniker | Rollladen- und Sonnenschutztechniker |
Büchsenmacher | Installateur und Heizungsbauer | Schilder- und Lichtreklamehersteller |
Chirurgiemechaniker | Karosserie- und Fahrzeugbauer | Schornsteinfeger |
Dachdecker | Kälteanlagenbauer | Steinmetzen und Steinbildhauer |
Drechsler (Elfenbeinschnitzer) und Holzspielzeugmacher | Klempner | Stuckateure |
Elektromaschinenbauer | Konditor | Straßenbauer |
Elektrotechniker | Kraftfahrzeugtechniker | Wärme-, Kälte- und Schallschutzisolierer |
Estrichleger | Land- und Baumaschinenmechatroniker | Zimmerer |
Feinwerkmechaniker | Maler und Lackierer | Zahntechniker |
Fleischer | Mechaniker für Reifen- und Vulkanisationstechnik | Zweiradmechaniker |
Fliesen-, Platten- und Mosaikleger | Metallbauer | |
Friseure | Ofen- und Luftheizungsbauer |

SELBSTSTÄNDIG MACHEN OHNE MEISTER:
6. Abschlüsse von Hoch- und Fachschulen als alternative Qualifikation
Hochschul- und Fachschulabschlüsse können unter bestimmten Voraussetzungen genutzt werden, um ohne Meisterbrief einen Handwerksbetrieb in einem zulassungspflichtigen Handwerk zu gründen:
- Hochschulabschluss:
- Der Abschluss muss in der EU, dem EWR oder der Schweiz erworben worden sein.
- Die Regelstudienzeit muss mindestens drei Jahre in Vollzeit betragen haben.
- Der Studienschwerpunkt muss dem auszuübenden Handwerk entsprechen.
- Beispiel: Ein Ingenieurstudium kann für die Gründung eines entsprechenden Handwerksbetriebs qualifizieren.
- Technikerabschluss
- Industriemeisterabschluss
Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) gibt vor, welche Abschlüsse auf einem Niveau stehen. Beispielsweise ist ein Bachelor in Elektrotechnik gleichwertig mit einem Meisterbrief im Elektrotechnik-Handwerk. Gleiches gilt für den staatlich geprüften Betriebswirt, Fachwirte und staatlich geprüfte Techniker. Entscheidend ist, dass der spezifische Abschluss im Zusammenhang mit der angestrebten Tätigkeit steht.
Die Instanz, die entscheidet, ob eine bestimmte Qualifikation die Meisterprüfung ersetzt, ist die Handwerkskammer. Erkennt diese Ihre als meisterähnlich an, können Sie eine Firma gründen ohne Meister und die Eintragung in die Handwerksrolle vornehmen lassen.

SELBSTSTÄNDIG OHNE MEISTER:
7. Einen Handwerksbetrieb übernehmen ohne Meister
Eine Betriebsübergabe ist gerade im Handwerk weitverbreitet. In vielen Familienunternehmen übernimmt der Sohn oder die Tochter häufig den elterlichen Betrieb. In anderen Fällen tritt ein bisher angestellter Mitarbeiter die Nachfolge an oder der Vertrieb wird an einen externen Käufer abgegeben. In allen Fällen kann es sein, dass der Nachfolger keinen Meisterschein besitzt.
In diesem Fall gelten die gleichen Voraussetzungen für eine Selbstständigkeit ohne Meister wie in anderen Fällen auch: Derjenige, den Betrieb übernehmen möchte, kann
- im Rahmen der Altgesellenregelung eine Ausübungsberechtigung beantragen oder
- einen Handwerksmeister einstellen.
Verstirbt der Betriebsinhaber plötzlich und handelt es sich um ein zulassungspflichtiges Gewerk, greift eine Übergangsregelung nach § 4 HwO: Der Betrieb darf auch ohne dass die Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt sind, fortgeführt werden. Jedoch muss ein Betriebsleiter eingestellt werden,
- der einen Meistertitel führt oder
- der die Kriterien für die Altgesellenregelung erfüllt oder
- dessen Qualifikation als gleichwertig zu einem Meistertitel erachtet wird.
Auf diese Weise werden die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt und der Betrieb kann rechtssicher fortgeführt werden.

SELBSTSTÄNDIG OHNE MEISTER:
8. Wenn die Meisterprüfung eine unzumutbare Belastung darstellt
Ein weiterer Sonderfall, wie sich Handwerker selbstständig machen ohne Meister, ist eine „unzumutbare Belastung“ geltend zu machen. Eine unzumutbare Belastung ersetzt nicht die fachliche Qualifikation – der Antragsteller muss trotzdem seine berufliche Erfahrung und Fachkenntnisse nachweisen.
Gleichzeitig muss aber eine persönliche Situation vorliegen, die zu einer unzumutbaren Belastung führt, wenn eine Weiterbildung zum Meister gemacht werden würde. Mögliche Gründe für eine unzumutbare Belastung:
- Gesundheitliche Einschränkungen: Wenn eine Krankheit oder Behinderung es erschwert oder unmöglich macht, die Meisterprüfung abzulegen. Hierfür sind ärztliche Atteste oder Gutachten notwendig.
- Fortgeschrittenes Alter: Wenn eine Person bereits viele Jahre im Beruf tätig ist und das Alter die Ablegung der Meisterprüfung unzumutbar macht. Es gibt keine feste Altersgrenze, aber oft wird ab ca. 45–50 Jahren von einer unzumutbaren Belastung ausgegangen.
- Finanzielle oder wirtschaftliche Härte: Wenn die Kosten der Meisterprüfung für den Antragsteller eine unverhältnismäßig hohe Belastung darstellen und er sie nicht finanzieren kann. Dies gilt besonders, wenn keine Fördermittel verfügbar sind oder das Einkommen niedrig ist. Ein weiterer möglicher Grund ist eine längere unverschuldete Arbeitslosigkeit.
- Familiäre oder soziale Gründe: Falls familiäre Verpflichtungen (z. B. Pflege von Angehörigen, alleinerziehende Eltern) die Teilnahme an der Meisterprüfung stark erschweren.
Da die Handwerkskammer jeden Fall individuell bewertet, ist es wichtig, dass Sie Ihre Situation gut schildern.

SELBSTSTÄNDIG OHNE MEISTER:
Vor- und Nachteile, wenn Sie sich selbständig machen ohne Meister im Handwerk
Wenn Sie sich selbstständig machen ohne Meister, hat dies einerseits natürlich Vorteile, andererseits sollten Sie auch einige Punkte bedenken. Zu den positiven Aspekten gehört, dass Sie die Kosten für die Meisterausbildung sparen. Das gilt gleichermaßen für die Zeit, die Sie auf diesem Weg sparen. Die Kosten für einen Meister bewegen sich zwischen 4.000 und 9.000 Euro. Außerdem sollten Sie für die Weiterbildung ein bis dreieinhalb Jahre einplanen. Wer den Meister in Teilzeit absolviert, benötigt teilweise sogar noch länger.
Die Vorteile im Überblick:
- Zeitersparnis gegenüber dem Weg über den Meisterbrief
- Bis zu 9.000 Euro finanzielle Ersparnis durch die Kosten für die Meisterausbildung
Ein zentraler Nachteil ist, dass die Handwerkskammer bei Ausnahmebewilligungen mitunter den Bereich der handwerklichen Tätigkeiten beschränkt. So dürfen Sie dann nur bestimmte Arbeiten ausführen. Ein Betrieb, der nicht das ganze Spektrum der handwerklichen Leistungen anbieten kann, ist natürlich in seiner Produktivität eingeschränkt. Dies beeinflusst die Umsätze und ist ein genereller wirtschaftlicher Nachteil. Dazu kommt, dass Sie nicht die Bezeichnung „Meisterbetrieb“ verwenden dürfen. Für einige Kunden ist dies ein Qualitätsmerkmal, sodass Sie ohne Meisterbrief auch hier einen Nachteil besitzen. Des Weiteren dürfen Betriebe ohne Meister grundsätzlich keine Auszubildenden aufnehmen.
Die potenziellen Nachteile im Überblick, wenn Sie ohne Meister einen Betrieb gründen:
- Mögliche Beschränkung der Tätigkeit auf Teilbereiche
- Nutzung des Titels „Meisterbetrieb“ ist untersagt
- Meist keine Möglichkeit zur Ausbildung
- Eventuell wirtschaftliche Nachteile durch eingeschränktes Leistungsspektrum
Wenn Sie sich selbstständig machen ohne Meister, gilt es also, diese Vorteile und potenziellen Nachteile genau zu berücksichtigen. In den meisten Fällen überwiegen die Vorteile, denn der Weg zum eigenen Betrieb ist ansonsten oft verwehrt. Aus diesem Grund sind die Altgesellenregelung, Ausnahmebewilligungen und die weiteren Optionen in der Regel eine gute Option auf dem Weg in die Selbstständigkeit.
FAQ: Antworten auf häufige Fragen rund um Ihre Selbstständigkeit ohne Meister
Ja, es gibt verschiedene Wege, wie eine Selbstständigkeit im Handwerk ohne Meisterbrief möglich ist:
- Selbstständigkeit in einem zulassungsfreien Gewerk
- Beantragung einer Ausnahmebewilligung zu beantragen
- Betriebsleiter mit Meisterbrief einstellen und so die Pflicht im eigenen Betrieb erfüllen
- Anerkennung ausländischer Ausbildungsnachweise
Als Geselle mit mindestens sechs Jahren praktischer Tätigkeit, davon vier in leitender Position, gibt es die Möglichkeit, von der sogenannten Altgesellenregelung Gebrauch zu machen und eine Ausübungsberechtigung zu beantragen. Stimmt die Handwerkskammer dem Antrag zu, ist eine Eintragung des eigenen Betriebs in die Handwerksrolle möglich.
Seit 2020 gelten verschärfte Vorschriften, was die Tätigkeit ohne Meisterbrief oder vergleichbare Qualifikation in zulassungspflichtigen Gewerken betrifft. Eine selbstständige Aktivität ohne Eintragung in die Handwerksrolle gilt als unberechtigte Handwerksausübung und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Nach § 117 der Handwerksordnung wird ein solcher Verstoß mit einer Geldbuße von bis zu 10.000 Euro geahndet. Dies gilt für alle Gewerke, die in der Anlage A der Handwerksordnung gelistet sind.
Ja, es gibt verschiedene Ausnahmegenehmigungen im Handwerk, die es Ihnen ermöglichen, auch ohne Meisterbrief einen Betrieb zu eröffnen. Dies sind im Wesentlichen:
- Ausübungsberechtigung nach § 7a Handwerksordnung bei bereits eingetragenem Handwerk, also wenn Sie bereits ein Gewerbe aus der Anlage A der Handwerksordnung betreiben
- Ausübungsberechtigung nach § 7b Handwerksordnung mit der Altgesellenregelung
- Ausnahmebewilligung nach § 8 Handwerksordnung durch die Anerkennung vorhandener Fähigkeiten oder bei der Gelegenheit zu einer Betriebsübernahme
- Ausnahmebewilligung nach § 9 Abs. 1 Handwerksordnung für Handwerker aus EG- und EWR-Staaten
Für diese Ausnahmen sind jeweils Anträge bei der Handwerkskammer erforderlich.
Eine Ausnahmebewilligung wird auf Antrag von der Handwerkskammer erteilt. Zuständig ist immer die lokale Handwerkskammer. Der Antrag auf Erteilung einer Ausübungsberechtigung oder Ausnahmebewilligung ist in schriftlicher Form erforderlich. Formulare stehen zum Download auf den Webseiten der Handwerkskammern sowie der Landesministerien für Wirtschaft bereit.
Die Kosten für eine solche Ausnahmebewilligung liegen zwischen 50 und 1.000 Euro. Dies hängt vom individuellen Aufwand sowie der zuständigen Handwerkskammer ab. Erhalten Sie eine solche Ausnahmegenehmigung Handwerk ohne Meister, ist eine Eintragung in die Handwerksrolle möglich und Sie können beispielsweise eine Baufirma gründen ohne Meisterbrief.
Bei der Ausübungsberechtigung handelt es sich immer um eine Einzelfallentscheidung. Um eine solche Berechtigung zu erhalten, müssen Sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Bei diesen handelt es sich um:
- ausreichend berufliche Erfahrung in praktischer Form - mindestens 6 Jahre
- vier Jahre davon Tätigkeit in leitender Stellung im eigenen Handwerk
- Gesellenbrief im betreffenden Handwerk
Eine Garantie für die Erteilung der Ausübungsberechtigung ist dies jedoch nicht. Die Handwerkskammer kann Nachweise oder sogar Fachkundeprüfungen fordern. Gleiches gilt für die Teilnahme an Lehrgängen, um die notwendigen Kenntnisse für die Selbstständigkeit zu erwerben. Gerade im Bereich der kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten sind Nachweise erforderlich.
Ja, seit dem Jahr 2004 ist es möglich, einen Handwerksbetrieb auch ohne Meisterbrief zu gründen. Die Handwerksordnung wurde dahingehend angepasst, dass in zulassungsfreien Handwerken ein Gewerbe ohne Meister gegründet werden kann. In zulassungspflichtigen Handwerken gibt es ebenfalls eine Möglichkeit zur Gründung ohne Meisterbrief. Sie können einen Meister als Betriebsleiter einstellen und somit die rechtlichen Vorgaben für die Gewerbeanmeldung erfüllen.
Ja, dies ist grundsätzlich möglich. Sie müssen jedoch bestimmte Regeln berücksichtigen. Zum einen gilt dies nur für Gewerke, die zulassungsfrei sind, also keinen Meisterbrief vorschreiben. Zum anderen ist eventuell eine Ausnahmegenehmigung Handwerk ohne Meister erforderlich, um als Geselle einen Handwerksbetrieb zu gründen. Das gilt zum Beispiel, wenn Sie den Familienbetrieb übernehmen möchten oder eine gleichwertige Ausbildung anerkennen lassen möchten. Unter Umständen gelten dann jedoch Einschränkungen. Zum Beispiel ist es oft nicht möglich, Auszubildende im Betrieb aufzunehmen.
In welchen Gewerken es möglich ist, sich ohne Meisterbrief selbstständig zu machen, ist in der Handwerksordnung Anlage B definiert. Nach der Handwerksordnung gibt es in Deutschland rund 130 Handwerksberufe, die als eigenständige Gewerke über das Gesetz bestimmt sind. Von diesen zählen 53 zu den zulassungspflichtigen Gewerken, für die Sie einen Meister benötigen. Die Handwerksordnung Anlage B listet 42 Handwerke, die zulassungsfrei sind. Dazu zählen unter anderem Holzbildhauer, Fotografen, Brauer und Mälzer. Zusätzlich existieren noch die handwerksähnlichen Gewerbe. In diese Kategorie fallen die restlichen der 130 Handwerksberufe. Zu diesen gehören beispielsweise Änderungsschneider, Maskenbildner oder Requisiteure. Auch in diesen Handwerksberufen können Sie sich selbstständig machen ohne Meister.